Es ist schon fantastisch, wie aus irgendwelchen Ecken auf einmal, wenn man es überhaupt nicht erwartet, Menschen hervor treten und mit einer Geste oder einem Wort oder Blick deine Sicht auf die Dinge ändern. Menschen, bei denen du nie vermutet hast, dass sie dich jemals erreichen, geschweige denn berühren würden.
So etwas ist mir nämlich dieser Tage passiert.
Ich, also, zu meinem Lieblings Asia-Imbiss. So ein ganz einfacher, mainstream-iger, nichts besonderes, einfach eine Portion Reis mit Gemüse und etwas Huhn (und Soße, natürlich).
Der Mann hinter der Theke ist nicht ausgesprochen freundlich. Zumindest nicht nach gewissen Gepflogenheiten bzw. gemessen an üblichen Signalen, die man so ausstrahlt, wenn man sich freundlich und offen zeigt. Genauer gesagt, er ist grimmig und steinern.
Aber ich wusste immer, hinter diesem steinernen Blick und der verschlossenen Körpersprache steht ein sehr zugewandter und herzlicher Mensch. Gesehen hat man’s halt nie. Ich glaube, viele Kunden vor der Theke, wenn sie ihre Box Nr. 3 oder 4 in Empfang nahmen und ihm ihr Kleingeld sachte entgegen streckten, immer bereit die Hand spontan zurück zu ziehen, wenn er doch mal sein Samurai-Schwert zücken sollte um ihnen den Arm abzuhacken, hatten sogar Schiss vor ihm.
Ich nicht. :)
Ich habe immer Kontakt mit ihm gesucht. Gelächelt. Freundlich zugenickt. Augenkontakt. Aber ich sage euch: ein harter Hund! War nichts zu machen.
Und neulich, da stehe ich an seiner Theke. Mein Gehstock in der rechten Hand, „Box 2 bitte, mit Reis und scharfer Soße.“
„Was du gemacht?“, er zeigt auf meinen Stock. – „Ach, das ist ’ne lange Geschichte…aber das bleibt wohl erstmal so“, sag’ ich.
„Unfall oder krank?“, fragt er und scheint wirklich interessiert.
„Eine blöde Krankheit, meine Nerven sind kaputt.“
„Aaahhh, Scheiße ist das. Aber das is’ Leben. Du musst kämpfen! kämpfen! kämpfen!“, und ballt seine Faust dabei und gestikuliert ein ruckartiges Schlagen aus der Armbeuge. Bei jedem seiner „kämpfen!“ ein kräftiger Ruck.
Sein Blick voller Zuversicht und Mut und … Selbstverständlichkeit!
Und ja, er hat es auf den Punkt gebracht. Egal, was uns passiert im Leben und in welcher Situation wir sind. Auch wenn alles ausweglos und sinnlos erscheinen mag. Wir können kämpfen! kämpfen! kämpfen! Denn es kann sich lohnen.
So stand es in seinem Blick…
Und diesen Blick vergess’ ich nie.
Das ist wunderbar, was du erlebt hast und wie du es aufgenommen hast.
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Ja, kämpfen lohnt sich. Aber Pausen sind auch wichtig, oder? Danke für Deinen schönen Text! Regine
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Danke, dass du diese Begegnung mit uns geteilt hast, das sind diese kleinen Alltagsmomente, die man aufsaugt, wenn man wach ist und die gut tun.
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Schön das schmelzen eines Steines erleben zu dürfen :)
Darf ich dir für das Wort Kämpfen, das Wort Arbeiten schenken?
Dies bewegt mich dazu: wenn du immer „Kämpfen“ im Kopf mit dir trägst, wirt das Leben deinen Gedanken umsetzen helfen und dir Gelegenheit zum Kampf senden ;)
Auch klingt Arbeiten wesentlich positiver
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Hallo Farouk,
endlich komme ich auch mal wieder dazu, etwas von dir zu lesen :)
Du beschreibst diese Situation in deinem Beitrag so bildlich, dass es sich fast anfühlt, als wäre ich dabei gewesen.
Auch schön, welch weicher Kern manchmal unter harter Schale stecken kann.
Danke, dass du Freundlichkeit erkennst, wo sie nicht durch leere Floskeln überdeckt wird.
Viele Grüße
Anja
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Danke, Anja :)
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