Angst ist nicht gut

Foto: Farouk Martini – „Angst“

Oh – ein großes Thema. Ernst und sehr verschieden von Mensch zu Mensch und von Situation zu Situation.

Ganz klar, ich spreche nicht von der natürlichen und lebenserhaltenden Funktion von Angst, etwa vor einem wilden Tier, die einen dazu bringt mit aller Kraft davonzulaufen usw.

Also, nicht die Angst, die dir das Leben rettet. Nein, ich meine hier die Angst, die irgendwo tief in deinem Innern lauert und dir das Leben schwer macht.

„Angst ist nicht gut.“ Das ist ein Satz, der mich schon seit meiner frühen Jugend begleitet.

Ich schweife jetzt ein bisschen ab, aber das hat sich bei mir eingebrannt, als ich meine erste CD geschenkt bekommen habe, das war nämlich „Tabaluga – die Reise zur Vernunft“ (Peter Maffay) :)) Und da kommt das vor, von irgendeinem weisen Riesen oder so….ich weiß es schon gar nicht mehr, is ja lange her… :) – aber im Kern doch immer noch sehr gültig für mich.

Ich habe sicher Lebenskrisen erlebt und überlebt, die gar nicht so viel mit Krankheit und Gesundheit zu tun hatten. Und das habe ich doch immer dabei gelernt, dass Angst dich blockiert und alles überhaupt erst schlimm macht. Und so hoffe ich für uns – für uns alle – dass wir keine Angst haben. Was da auch komme….

Angst ist nicht gut.

Angst blockiert. Angst vergällt alles im Leben. Angst lähmt und nimmt alle Freude und alle Kraft. Angst stiehlt Zuversicht und verblendet Perspektive. Angst zerstört. Angst ist nicht gut — mehr noch: Angst ist ungut.

Aber auch mit diesem Wissen darum, kann man sie vielleicht gar nicht verhindern. Wenn du Angst hast, dann hast du Angst.

Angst vor der Zukunft, Angst vorm Leben, Angst vor der Fremde, Angst vor dem, was Du kennst und erwartest, Angst vor Neuem, Angst vor einer bestimmten Situation, Angst vor Allem — Angst vor der Angst.

Hat mich schon immer irgendwie beschäftigt und mir viel „zu tun“ gegeben. Die Angst.

Verrückt jedoch: die Angst, Angst so eine Krankheit zu haben, Angst vor meiner MS und allem, was sie in mein Leben bringen mag, diese, die einige Zeit lang aufgeflackert war: sie ist gar nicht so groß geworden, wie ich sogar verstanden hätte.

Woran liegt das…

Ja, es klingt verrückt. Aber ich habe Vertrauen, dass das alles so richtig ist und dass für mich gesorgt ist. So ein tiefes Vertrauen, das gibt mir zu denken.

Irgendwas ändert sich…

…in mir, um mich herum…

…und es ist etwas Gutes.

Vor Jahren habe ich ein Lied geschrieben, „No More Fear“. Das ist wirklich schon lange her, zwei ganze Leben, ist das her, so viel hat sich in der Zwischenzeit schon in meinem Leben verändert und weit vor meiner MS. So fühlt sich das an und daran siehst du wohl auch, wie lange das mit der Angst schon Thema für mich ist.

Eigentlich wollte ich hier in meinem Blog gar nichts mit meiner Musik machen, aber es ruft regelrecht nach diesem Lied. Ohne fishing for compliments und ohne Feedbacksucht.

Es sagt viel aus, was ich auch heute noch so schreiben würde.

Es ist meine Absage gegen die Angst. Nein, mit mir nicht mehr! Keine Angst mehr für mich! Hau‘ ab, Angst!

Wenn damals in diesem Text das „ehrlich zu mir selbst stehen und für mich einstehen“ im Vordergrund stand („No more lying for what I am to be“), so ist es für mich heute das „Vertrauen auf das, was sein wird, selbst, wenn es falsch erscheint“ („Yes, I might fail – But the way I go will take me where I belong“).

Beides – ehrlich zu sich selbst stehen und Vertrauen haben – beides macht Mut, daran glaube ich.

Und wir müssen nicht wehrlos bleiben gegen die Angst.

Denn Mut ist das, was wir der Angst entgegen setzen können!



No More Fear

Text und Musik: Farouk Martini

Creative Commons Lizenzvertrag

No regrets, no more fears
I can tell you what I feel is real
No more tears
I can see now all of what is me

I can’t deny it
I’ve dropped my chances, lost everything at all
Can’t describe it
How I find my way, but don’t know where to go

No more fear
Won’t care ’bout what might or might not be
No more fear
No more lying for what I am to be

No more lies, no distrust
All I long for is truthfulness that heals
Am I lost in dreams made of fate
Or am I blind to see

I believe in my way
Though I’ve learned that faith can be blindfold by weak blood
And though I might fail
My way that I go will take me where I belong

No more fear
Won’t care ’bout what might or might not be
No more fear
No more lying for what I am to be

Yes, I might fail
But the way I go will take me where I belong

No more fear

Creative Commons Lizenzvertrag
http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International Lizenz.

12 Antworten auf “Angst ist nicht gut”

  1. Nein, Angst ist nicht gut. Dein Lied klingt wie eine Beschwörung an dich selbst, doch bitte keine Angst zu haben. Wie gut ich das verstehe. Schon als kleines Kind habe ich ganz bewusst ein Anti-Angst-Training gemacht, darauf war (und bin ich) ich stolz. Ich ging allein von unserem Haus die Straße hoch in die dunkle Nacht. Oben senkte sich die Straße weiter in die Landschaft, wo gar kein Haus mehr zu sehen war. Ich ging, so weit meine Angst es zuließ, dann drehte ich mich um und rannte wie an einem stark gespannten Gummiband gezogen zurück nach Haus, ins schützende Licht der Familie. Jeden Tag versuchte ich, weiterzugehen, denn ich wusste: wenn ich meine Angst nicht überwand, würde meine Welt klein bleiben und immer mehr schrumpfen.

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  2. Lieber Farouk, danke für deine ehrlichen Worte über Angst und Mut. Die beschäftigen mich auch immer wieder… ;) Ich freue mich über dein Erleben mit dem Vertrauen. Und bin gespannt, wie es weitergeht. Das Lied gefällt mir. Hast du es jetzt aufgenommen, oder ist es eine alte Aufnahme. Tolle Musik, tolle Stimme. Schreibst du aktuell auch Lieder/Musik? LG, Bettina

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    1. Liebe Bettina,
      vielen Dank für Deine Worte und für Deine Fragen.
      Angst und Mut….ja, das sind die zwei Gegenspieler, nicht wahr? Mal sehen, wie es weitergeht, auch mit dem Vertrauen… ;-) Wie sie Dich beschäftigen, dafür würde ich mich auch interessieren…kannste ja mal „erzählen“… :)
      Die Aufnahme ist schon einige Zeit her, aber aus meiner Sicht ist es eine von den „neuen“ Aufnahmen. Nach einer Zeit mit Band und Bühne hatte ich das Bedürfnis meine Musik ganz für mich allein zu machen. Und da habe ich dann einen ganzen Schwung aufgenommen, ganz pur, nur Gitarre und Gesang. Aus dieser Zeit ist diese Aufnahme. Ist auch schon wieder was her und ich bin da nicht mehr so aktiv. Aber so richtig loslassen tut mich das Musikmachen (und Lieder schreiben) ja nicht… ;-) …ich möchte mir gerne wieder mehr Zeit dafür nehmen, mal sehen…
      Liebe Grüße, Farouk

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  3. Offensichtlich hast du dich bislang ausgiebig mit Angst beschäftigt, sie genug in deinen Gedanken getragen. Lass sie.
    Ich wünche dir Gedanken zu Mut, Vertrauen, Gelassenheit, Kraft,… wo sie Raum einnehmen bleibt wenig Platz für Angst

    Danke für deine Stimme, dieses weitere Stück du

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  4. Wow, da bin ich heute am 1. Mai sprachlos. Richtig, richtig schön und Angst ist in unserer Situation sicherlich normal, aber ich denke Respekt passt in diesem Zusammenhang besser. Tolle Stimme, schönes Lied! 👍 schauen wir mutig nach Vorne 👍👍👍 liebe Grüße sendet, Deine Christine!

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  5. Ich hatte die größte Angst mit dem Tumor, und keine Angst direkt nach der OP, der Therapie und der Reha. Keine Angst vor dem nächsten Tag… nix. Ich war irgendwie frei und fühlte mich von der Welt aufgefangen! Das lässt leider wieder nach. Je besser es mir geht, desto mehr lebe ich den Alltag, und alte Ängste sind wieder da. Manchmal wünsche ich mir die unbeschwerte Zeit zurück! LG

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    1. Ja, ich kenne das, was Du beschreibst. Ich muss da auch sehr aufpassen, wieder in die alten Muster zu fallen. Sowohl was mein Verhalten angeht, als auch meine Gedanken. Und mit ihnen kommen auch die Ängste zurück. Was wir erlebt haben, MS oder Krebs, verändert uns, nicht wahr? Naja, wir schaffen das schon auch wieder unbeschwert zu werden…wenigstens in kurzen Momenten…und diese aber richtig genussvoll und nicht mehr so nachlässig…
      Liebe Grüße!

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