Angst — Mut — Vertrauen

Foto: Farouk Martini – "Hoffnung"
Foto: Farouk Martini – „Hoffnung“

Das Thema Angst beschäftigt mich dieser Tage besonders. Und vielleicht nicht nur mich.

Und mehr noch: Angst, Mut, Vertrauen. Das scheint mir wie ein Dreiklang. Menschlich, alle drei.

Auf der einen Seite die Angst, die alles hemmen, lähmen und blockieren will und auf der anderen Seite der Mut, der sagt, „hey los jetzt, mach’ einfach, Augen zu und durch!“

Aber Angst und Mut sind beide ziemlich dumm, kann ich das ruhig so sagen? Naja, sie sind herzlos. Egoistisch. Sie wollen ja nur ihre ganz eigenen Interessen durchsetzen.

Angst will dich kraftlos. Mut will dich kopflos.

Angst lockt dich in deine Höhle zurück. Über den Boden kriechen. Dort hinten hin, in die hinterste dunkle Ecke. Du duckst dich und kauerst, still und regungslos. Weil so sich nichts verändert. Alles bleibt, wie es ist. Solang du…nichts.

Mut will, dass du einfach machst. Egal wie gefährlich und unvernünftig es sein mag. Mut ist wie Bungee-Jumping. Du springst, auch wenn dein Instinkt dir sagt, dass du sterben wist. Und du springst…

Und dann kommt das Vertrauen auf die Bühne. Mit Ruhe und einem großen Wissen. Weisheit.

Vertrauen ist nicht egoistisch, so wie die anderen beiden. Vertrauen verfolgt kein Ziel, es hat keine Absicht. Will dich nicht zu etwas drängen.

Vertrauen verspricht Schutz und lädt dich ein, dich fallen zu lassen.

Und es sagt: „Hab’ keine Angst. Und Du brauchst gar nicht so viel Mut. Du hast keinen Grund mit dem Kopf durch die Wand zu laufen. Und du musst auch nicht die Augen verschließen, um das jetzt zu überwinden. Folge mir. Vertrau’ mir. Und es wird gut.“

So ist Vertrauen. Vielleicht ändere ich mit diesen Gedanken, wie ich mit Mut und Angst umgehe.

Ich denke, wenn ich einmal Angst haben werde und wegen ihr nicht mehr sprechen mag und erstarre, werde ich mich öffnen und mich dem Vertrauen zuwenden.

Und wenn ich einmal blinden Mut haben werde und übermütig riskieren will, was nicht wieder gutzumachen ist, dann werde ich ruhig und still dem Vertrauen folgen.

Hoffentlich.

9 Antworten auf “Angst — Mut — Vertrauen”

      1. Lieber Farouk,
        danke für deinen Hinweis. Ich habe deinen Beitrag eben gelesen und konnte darin einige Antworten auf meine Frage finden.
        Ich kann nachvollziehen, dass eine der größten Sorgen und Ängste das Spiel mit der Zeit ist.
        Ich möchte eine Weile darüber nachdenken, bevor ich auf deinen Beitrag eingehen will. Wenn du das nicht möchtest und deine Zeilen lieber für dich stehen lassen magst, dann lass mich dies bitte wissen. Ich möchte mit meinen Worten keinerlei Übergriffigkeit erzeugen. Es dürfen Dinge, besonders sehr persönliche und mit Emotionen behaftete Dinge stehen bleiben, wie sie sind – ohne, dass ich sie näher kommentieren brauche ;)

        Ich lasse dir bis dahin erst einmal liebe Grüße hier, wünsche dir ein wunderbares Wochenende :)
        Alles Liebe, Pandalie

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      2. Lieber Farouk,
        ich habe mir deinen Beitrag „Erfahren, was mir wichtig ist“, nun ein weiteres Mal durchgelesen.
        Ich finde die Zeilen, die du schreibst sehr schön. Ich kann nachvollziehen, dass die subjektive Empfindung und Bewertung von Zeit mit einer Krankheit, wie sie die MS ist, verschwimmt und verzerrt wird.
        Wenn man erkrank ist und bemerkt, dass der Körper, der Geist immer eingeschränkter agieren können, dann verliert man Zeit, die man für sich früher einmal genutzt hat. Da gab es so viele Sachen, die so einfach zu bewerkstelligen waren. Dort gab es Sachen, Alltägliches, die nicht so viel Zeit erfordert haben.
        Die Zeit rennt einem buchstäblich davon und man blickt zurück auf den Tag und fragt sich, was man ernsthaft Produktives mit diesem Tag angefangen hat? Wenn Atmen und Pupsen zu einem produktiven Faktor des Lebens wird, dann könnte man zumindest behaupten: „Jaaaaaa dahin ist meine Zeit geflossen, das war wirklich nachhaltig produktiv!“
        Gerade die Jugend ist begleitet von Zeitlosigkeit. Das liegt aber weniger an der Jugend ansich, den Persönlichkeiten, die man als Jugendlicher ausprobiert hat – sondern vielmehr damit, dass das Gehirn sich umstrukturiert und wir „allmächtig und unsterblich werden“. Ein Jugendlicher denkt nicht an die Zukunft, er lebt – so wie er es machen möchte. Ein Erwachsener hat diese egozentrischen Gedanken nicht mehr so stark, denk nach vorne und wieder zurück. Denkt ans Hier und Jetzt, an das Morgen und an das Gestern. Und während dieses Prozesses fällt ihm auf: Hey, da gibt es doch einen Faktor, der uns nicht unsterblich sein lässt.
        Egal welchen Glauben man besitzt, man kommt vor der Vergänglichkeit des Körpers und seinem „realen Bewusstsein“ nicht drum herum. Irgendwann holt uns der Tod ein, wir werden (hoffentlich) friedlich einschlafen und dann ist dort erst einmal eine große Leere, die man nicht füllen kann. Wir werden nicht mehr die Vögel zwitschern hören, den Sonnenaufgang sehen, werden keine Freudentänze mit Bekannten und Geliebten vollführen… Wir werden nicht mehr berühren, nicht mehr den Kuss der Liebe schmecken und auch nicht mehr im Bewusstsein sein, dass wir atmen.

        Anders als du es beschreibst empfinde ich die Angst nicht als Faktor, den man loswerden möchte. Die Angst lähmt nicht, die Angst zieht nicht zurück. Die Angst ist einer der größten, wichtigsten und schützensten Faktoren, die wir im Leben haben.
        Das, was dir wirklich (aus meiner Sicht) Angst bereitet, ist die Bewertung des Ist-Zustandes. Die Bewertung der Situation, die Reflexion deines Eindruckes, deiner Gedanken.
        Das, was dich lähmt ist nicht die Angst, sondern die Bewertung der Situation. Diese Bewertung erzeugt Angst. Und weil Angst als Gefühl greifbarer und imposanter ist, wird es oft als der „Übeltäter“ im System bezeichnet. Dabei ist die Angst nur eine Reaktion, eine Folge von dem, was wir in unserem Kopf zusammenbasteln.

        Aktuell scheinst du dich in einem Zustand zu befinden, in dem du viel reflektierst und erkennst… Nun so rechnerisch bleiben mir Pi mal Daumen vielleicht effektiv noch 40 Jahre. Aufgrund der Krankheit und der mit einhergehenden Verschlechterung bleiben mir effektiv vielleicht nur noch 20 Jahre, in denen ich bemerke, dass ich etwas Produktives, Nützliches bewerkstelligen kann.
        Hinzu kommt: Was hält dich wirklich auf, die Dinge zu tun, die du tun möchtest? Man ist nie zu alt um zu lernen und der Prozess des Lernens ist auch nie abgeschlossen.
        Wenn du jetzt deinen Zustand der Jugend reflektierst – und was du alles gelernt hast – wie der Kosten-Nutzen-Faktor aussieht, dann ist dieser Blick immer verzerrt.
        Diese Verzerrung kann nur entstehen, wenn du dich weiterentwickelst – und da du lebst, entwickelst du dich eben auch heute noch weiter. Nur haben sich deine Ansichten auf die damalige Situation verändert. Und dieser Prozess unterliegt der Bewertung.

        Bewertung ist der größte Faktor, der uns hemmt und Gefühle produziert, die wir eigentlich nicht haben möchten…

        Ich bin daher der Ansicht, dass es klüger wäre die Fragen zu stellen:
        – Was blockiert mich in meinem Denken?
        – Was hält mich ernsthaft auf, die Zeit zu nutzen, die mir bleibt?
        – Was möchte ich erreichen?
        – Wie stelle ich mir das Resultat (den Fußabdruck), den ich in der Welt hinterlassen möchte vor?
        – Was erwarte ich von meinem Leben und von meiner Persönlichkeit
        – Welche Gedanken machen mir Angst? Welche Situationen beflügeln die Angst?
        – Durch welche Situationen des Lebens empfinde ich Reue und warum?

        Diese ganzen Fragen kann man kognitiv-reflexiv beantworten. Wenn man sie möglichst bewertungsfrei beantwortet hat, spendet man sich Selbstempathie.
        Die Selbstempathie beflügelt das Verständnis gegenüber sich selbst und den Situationen, den Erfahrungen und vor allem den Gefühlen, die wir erleben oder erlebt haben.
        Und dieser Prozess führt dazu, dass z.B. Angst, Schuld, Scham, Reue automatisch aufhören.

        Demnach:
        Ich gehöre zu den Menschen dazu, die Gefühle jeglicher Art als förderlich empfinden. Gefühle sind nicht immer schön, aber die eigentliche Problematk entsteht im Kopf, in der Art des Denkens und der Bewertung… Lösen wir diese auf, verschwinden all die Gefühle und wir gewinnen so viel mehr für uns, unser Leben hinzu.

        Es tut mir leid, dass der Kommentar so lange wurde.
        Ich hinterlasse dir liebe Grüße und wünsche einen schönen restlichen Sonntag! :)
        Auf bald,
        Pandalie

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      3. Liebe Pandalie,

        ich danke Dir für all diese wertvollen Überlegungen, die Du mir hier mit auf den Weg gibst. Ich möchte gerne Gelegenheit haben, mir noch mehr Gedanken darüber zu machen. Ich hoffe, dass es für Dich also ok ist, dass ich mir etwas Zeit dafür nehme und Dir später zurückschreibe.

        Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag Abend (nun fast schon Nacht) und sage bis bald…

        Lieben Gruß
        Farouk

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  1. Ja genau – HOFFENTLICH!!!

    Schon die Hoffnung, das Richtige zu tun/ zu denken/ zu spüren/ erfahren/ zu leben ist eine Art Vertrauenssehnsucht.
    Sehnsucht danach, eine Situation ihr oder mir/dir oder uns oder gar uns allen gerecht zu bewerten/ zu begreifen /verstehen und erfolgreich aus ihr hervorzugehen, wie immer dabei Erfolg definiert sein mag.

    Mut hingegen trägt neben der Hoffnung auf Gelingen immer das Risiko des Scheiterns in sich und die Angst, die Unangenehmes vermeiden möchte, riskiert, die Kontrolle zu verlieren, weil sie (pro)aktives Handeln eher verhindert, in welche Richtung auch immer.

    Wobei Angst die übertriebene Form von Vorsicht ist, die Schwesterntugend von Mut, ohne die der Mut erst in den riskanten ‚Übermut‘ entarten kann.

    Vertrauen ist da wie der Synthesizer, der alles miteinander verknüpft und weichspült, was ins Extreme abrutschen könnte. Und als solches gehört dieses eigentlich ausgleichend zur Erfahrung.

    In übertriebenem Maße wird aus Vertrauen Naivität (also ggf in Gefahr bringende Unerfahrenheit), während ein Übermaß an Erfahrung im negativen Fall zu Mißtrauen/ Vertrauensverlust führen kann.
    Tja – da immer die Balance zu bewahren und den Überblick ist eine spannende Gratwanderung. Let’s stop & go.
    i.e. slow down here & there.

    Wie gut, dass das Hirn auch ab und zu ausgeschaltet werden kann, ohne großen Schaden zu nehmen.
    Im Gegenteil! ;-)

    Wir MS-Geprüfte haben da evtl. manchmal die Drähtchen zu heiß laufen lassen?

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    1. PS: wollte hier oben NICHT den Begriff ’naiv‘ in Frage stellen/ zerlegen, Sub-Titel des Blogs hier.
      Dazu ist das unter diesem Understatement Geschriebene viel zu genial und authentisch. Danke dafür!

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